Was sei vom Leichtsinn Gegenteil?

Schwersinn? Den gibt's nicht, weil:

der leichte Sinn ward nie klar definiert,

da dies vom Leichtsinn leicht ins Abseits führt.

Mit leichten Sinnen zu genießen wär'

für uns in Deutschland, heißt es, schwer.

 

Wir kennen Leichtsinn nur im Negativ:

der macht sich's leicht, der Kerl, drum geht es schief.

Dem Trübsinn wären wir wohl eher verwandt:

in jedem noch so feinen Tröpfchen teutsche Eich' ihr Salzkorn fand.

Und Tiefsinn pflegten wir nicht erst seit Schopenhauer -

doch recht bedacht: geht's wirklich tief, sind wir schnell sauer.

 

Unsinn ist hierzuland' den Kindern nur gestattet

und Fernsehstars, vom Gagbereiten schon ermattet.

Irr- und auch Wahnsinn nutzen wir als lobend's Wort,

jedoch: wenn sie sich nah'n, laufen wir sofort fort.

Mit Kunstsinn überladen mag

sich keiner, auch kein Künstler, Tag für Tag.

 

Stumpfsinn - ein Wort, das manches wohl beschreibt -

ist rar geworden, seit er um sich greift.

Fällt auf, daß offensichtlich ein Tabu

deckt, was verbreitet - Schwersinn - gnädig zu. 

Schwersinn: ein Sinn, der fest am Boden klebt, am hundert Jahr' bewährten, alten,

dem's nicht gelingt, zu Witz, zu Geist sich zu entfalten.

 

Und überhaupt: vom Sinn ganz generell wir uns entfernen,

je mehr, je besser informiert wir werden.

Seit jeder theoretisch alles wissen könnte,

ist's selten, daß man einem Geist vergönnte,

zu äußern sich vor breiter'm Publikum:

das int'ressiert doch nicht! Punktum.


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